Der Begriff „Sadaqa“ leitet sich von der arabischen Wurzel „sidq“ ab, was buchstäblich „die Wahrheit sagen oder aufrichtig sein“ bedeutet (vgl. Hans Wehr). Im Kontext des islamischen Fiqhs (Normenlehre) wird der Begriff „Sadaqah“ jedoch technisch als ein Geschenk definiert, das zur Erlangung von Belohnungen von Gott gegeben wird.
Sadaqa (Wohltätigkeit) ist eine lobenswerte Praxis im Islam, die dazu dient, sich Allah zu nähern und Bedürftigen zu helfen.
„Ihr werdet die Güte nicht erreichen, bevor ihr nicht von dem ausgebt, was euch lieb ist. Und was immer ihr ausgebt, so weiß Allah darüber Bescheid.“
Sura Al-i Imran, 92
Die Sadaqa kann vielfältig sein und bezieht sich auf wohltätige Handlungen gegenüber anderen, sei es durch Großzügigkeit, Liebe, Mitgefühl oder Glauben. Diese Handlungen sind nicht notwendigerweise auf physische oder finanzielle Hilfe beschränkt. Selbst einfache Wohlgesten wie ein Lächeln oder eine helfende Hand werden als Sadaqa betrachtet.
„Für jedes Glied des Menschen ist eine Sadaqa vorgesehen, jeden Tag, an dem die Sonne aufgeht. Zwischen zwei Personen in Gerechtigkeit stiften, ist eine Sadaqa. Einem Mann dabei zu helfen, sein Reittier zu besteigen oder sein Gepäck darauf zu beladen, ist eine Sadaqa. Das gute Wort ist eine Sadaqa. Jeder Schritt, den du zum Gebet tätigst, ist eine Sadaqa. Das Beseitigen von etwas Schädlichem, ist eine Sadaqa.“
(Überliefert in Buchari und Muslim)
Sadaqa im Quran – ein Beispiel

Jeder Tropfen Sadaqah, der nur gegeben wird, um Allah zu gefallen, trägt einen ertragreichen Garten der Belohnung in sich. Denn Allah freut sich nicht über die Menge, die wir geben, sondern über das Herz, mit dem wir es geben:
وَمَثَلُ ٱلَّذِينَ يُنفِقُونَ أَمْوَٰلَهُمُ ٱبْتِغَآءَ مَرْضَاتِ ٱللَّهِ وَتَثْبِيتًۭا مِّنْ أَنفُسِهِمْ كَمَثَلِ جَنَّةٍۭ بِرَبْوَةٍ أَصَابَهَا وَابِلٌۭ فَـَٔاتَتْ أُكُلَهَا ضِعْفَيْنِ فَإِن لَّمْ يُصِبْهَا وَابِلٌۭ فَطَلٌّۭ ۗ وَٱللَّهُ بِمَا تَعْمَلُونَ بَصِيرٌ ٢٦٥
Und das Beispiel derer, die ihr Vermögen spenden, weil sie Allahs Wohlgefallen suchen und glauben, daß der Lohn gewiß ist, ist das eines Gartens auf einem fruchtbaren Hügel: Wenn starker Regen fällt, bringt er das Doppelte seines normalen Ertrags. Fällt kein starker Regen, so genügt ein Nieselregen. Und Allah ist allsehend über das, was ihr tut. [2:265]
Sadaqa ist in den Augen Allahs nicht die Verringerung von Reichtum. Es ist sein Diener, der ihm ein Herz darreicht, das von Hingabe und Aufrichtigkeit umhüllt ist.
Es spielt keine Rolle, wie viel Regen auf das fruchtbare Hochland fällt. Bei starkem Regen gibt es doppelten Ertrag, und bei leichtem Nieselregen trägt der Boden dennoch Früchte. Unsere aufrichtigen Absichten sind wie jener fruchtbare Boden: Unabhängig von der Menge der Wohltätigkeit, mit der wir ihn bewässern, wenn es für die Zustimmung Allahs ist, wird er sie blühen lassen, viele Male über.
Beispiel der Sunnah des Propheten bei der Sadaqa:
Muhammad (saw) ist für seine außergewöhnliche Großzügigkeit und Wohltätigkeit bekannt. Sein Herz kannte keine Gier nach Reichtum oder Besitz, sondern strömte über vor Mitgefühl für die Bedürfnisse anderer. Er war ein Mann, der Sadaqa, der alles, was er erhielt, großzügig mit anderen teilte und dabei mehr Freude empfand als diejenigen, die seine Gaben erhielten.
Seine Türen standen immer für diejenigen offen, die seine Hilfe suchten, und niemand wurde jemals mit leeren Händen von seinem Haus weggeschickt. Selbst in Momenten persönlicher Bedürfnisse priorisierte er stets die Bedürfnisse der Armen und Bedürftigen. Seine Wohltätigkeit kannte keine Grenzen und nahm verschiedene Formen an. Manchmal verschenkte er Geschenke, ein anderes Mal lieh er etwas und zahlte es großzügig zurück. Oftmals kaufte er Dinge und zahlte mehr als den Preis an den Verkäufer. Er empfing Geschenke von anderen, gab jedoch immer mehr zurück.
Muhammad (saw) war kein Mensch, der Reichtum für sich selbst ansammelte. Er war ein Verteiler und Schatzmeister, der davon überzeugt war, dass Allah der Geber von allem war. Seine Großzügigkeit erstreckte sich sogar auf diejenigen, die Schulden hinterließen. Er zahlte die Schulden der Verstorbenen und forderte seine Anhänger auf, ihm von solchen Fällen zu berichten, damit er sie begleichen konnte.
Der Prophet Muhammad (saw) lebte wahrlich nach dem Prinzip, dass Sadaqah das Vermögen nicht kürzt, sondern im Gegenteil vermehrt. Er gab großzügig, ohne Angst vor Armut oder Mangel. Selbst in seinen letzten Momenten auf dieser Welt vergab er sein gesamtes Vermögen und hinterließ keinen Reichtum für sich selbst.
Die Großzügigkeit des Propheten war so tiefgreifend, dass sie jeden Aspekt seines Lebens durchdrang. Er lehrte, dass der Muslim großzügig sein sollte, und betonte die Bedeutung eines einfachen Lebensstils und der Wohltätigkeit. Sein Handeln und seine Lehren dienten als lebendiges Beispiel für die Prinzipien des Islam und zeigen, dass wahre Großzügigkeit nicht im Überfluss von Reichtum, sondern im Herzen liegt.
Zwei Arten von Sadaqa

Die allgemeine Sadaqa
Sadaqa ist ein umfassender Begriff im Islam, der alle Arten von guten Taten und Handlungen des Gebens und Teilens umfasst. Der Prophet Muhammad (Frieden und Segen seien auf ihm) lehrte, dass jede gute Tat als Sadaqa betrachtet werden kann. Dies unterstreicht die Vielfalt der Möglichkeiten, Gutes zu tun und Barmherzigkeit in der Welt zu verbreiten.
„Jede gute Tat ist Sadaqa.“
(Überliefert von Bukhari und Muslim)
Beispiele:
- Andere mit Nahrung versorgen
- Für andere beten
- Mit Freundlichkeit Tieren begegnen, wie zum Beispiel durch Pflege und Fütterung
- Hilfe für Bedürftige leisten
- Jemanden vor Gefahren schützen
- Besuche bei Kranken und ihre Betreuung
- Jemandem behilflich sein, wenn er Orientierung benötigt
- Freundlich lächeln
- Unterstützung für andere bieten
Die Sadaqa Jariyah (die fortlaufende Sadaqa)
Der Prophet Muhammad (Allah segne ihn und schenke ihm Frieden) erwähnte die Sadaqa Jariya:
Wenn ein Mensch stirbt, enden seine Taten, außer drei Dingen: fortlaufende Wohltätigkeit (Sadaqa Jariya), nützliches Wissen oder tugendhafte Nachkommen, die für ihn beten (für den Verstorbenen).
Muslim
Die Sadaqa Jariya ist eine fortlaufende Wohltätigkeit, bei der die Belohnung auch nach dem Tod weiterhin erhalten wird, weil der Nutzen fortdauert und sich vermehren kann. Beispiele:
- Jemandem eine wertvolle Fertigkeit beibringen
- Den Aufbau einer Einrichtung des Guten, wie eine Moschee, Schule oder ein Krankenhaus
- Die Schaffung einer Versorgungsmöglichkeit, wie einen Brunnen
- Jemanden wertvolles Wissen vermitteln, sei es durch Bücher, Unterricht usw.
- Das Pflanzen eines Baumes
- Die Errichtung eines Zuhauses oder Unterschlupfs für Menschen oder Tiere
- Die Erfindung von etwas Nützlichem für Menschen oder Tiere
Die Segnungen von Sadaqa

Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) hinterließ uns inspirierende Aussagen, die die immense Bedeutung der Sadaqa verdeutlichen. Sie spielt nicht nur eine entscheidende Rolle in der Stärkung unserer spirituellen Bindung zu Allah, sondern bringt auch weltliche Segnungen mit sich. Darüber hinaus wirkt die Sadaqa als eine Sühne für Sünden und Übertretungen. Im Folgenden werden erhellende Aussagen vorgestellt, die verdeutlichen, warum die Praxis der Sadaqa von grundlegender Bedeutung ist.
Unter anderem:
- Sie schützt vor Unheil: „Gebt Sadaqa ohne Verzögerung, denn sie steht im Weg des Unheils.“ (Al-Tirmidhi)
- Sie schützt vor Geiz: „Vermeidet Unrecht gegenüber anderen, denn am Tag des Gerichts wird es sich in vielfache Dunkelheit verwandeln, und schützt euch vor Geiz, denn er ruinierte diejenigen, die vor euch waren. Er verleitete sie zum Mord und dazu, das Unrechtmäßige als erlaubt anzusehen.“ (Muslim)
- Es ist eine gute Tat, die niemals endet: „Wenn ein Mensch stirbt, enden seine Taten, außer drei Dingen: Sadaqah Jariyah (fortwährende Wohltätigkeit); Wissen, das nützlich ist; oder ein tugendhafter Nachkomme, der für ihn betet (für den Verstorbenen).“ (Muslim)
- Sie wendet Krankheiten ab: “ Behandelt eure kranken Menschen, indem ihr Wohltätigkeit spendet.“ (Al-Bayhaqi)
- Sühne von Sünden: „Die Sadaqa löscht die Sünden ab, so wie Wasser das Feuer löscht.“ (Ibn Majah)
- Reinigt das Herz: „Wisset, dass es im Körper ein kleines Stück Fleisch gibt; wenn es gut ist, dann ist der ganze Körper gut, und wenn es verdorben ist, dann ist der ganze Körper verdorben. Wisset, dass dieses kleine Stück Fleisch das Herz ist.“ (Sahih al-Bukhari)
- Sadaqa wird am Tag des Gerichts ein Schatten sein: „Der Schatten des Gläubigen am Tag der Auferstehung wird seine Sadaqa sein.“ (Al-Tirmidhi)
- Sie schützt vor dem Höllenfeuer: „Schützt euch vor dem Höllenfeuer, selbst indem ihr ein Stück Dattel als Wohltätigkeit gebt.“ (Al-Bukhari und Muslim)
- Sie vermehrt, was Allah (swt) euch gewährt: Allah, der Erhabene, sagt: ‚Gib aus, o Sohn Adams, und Ich werde in dich investieren.'“ (Al-Bukhari und Muslim).
- Wohltätigkeit erhöht euren Status: „Sadaqa verringert in keiner Weise den Reichtum, und der Diener, der vergibt, dem fügt Allah Respekt hinzu; und der, der Demut zeigt, erhöht Allah in der Einschätzung (der Menschen).“ (Muslim)
- Sucht nur Allahs (swt) Wohlgefallen mit Sadaqa: „Ein listiger Mensch, ein Geizhals und einer, der die Menschen ständig an das erinnert, was er gegeben hat, werden nicht ins Paradies eintreten.“ (Tirmidhi)
- Verzögert nicht beim Geben von Wohltätigkeit: „Zeigt keine Trägheit oder Nachlässigkeit beim Geben von Almosen und Wohltätigkeit bis zu eurem letzten Atemzug.“ – (Bukhari und Muslim).
Das Verhalten (Adab) bei der Sadaqa

Die rechte Haltung beim Geben von wohltätigen Spenden ist von großer Bedeutung im Islam und spiegelt die Werte der Nächstenliebe, Bescheidenheit und Aufrichtigkeit wider. Spender sollten sich bewusst sein, dass ihre Handlungen vor Allah stehen und dass das Geben von wohltätigen Spenden nicht nur den Bedürftigen, sondern auch ihnen selbst spirituelle Belohnungen einbringt.
- Aufrichtige Absicht: Beim Geben der Sadaqa ist es von größter Bedeutung, eine aufrichtige Absicht zu haben. Die Spenden sollten einzig und allein um Allahs willen gegeben werden, ohne Erwartung von Dank oder Belohnung von anderen.
- Bescheidenheit: Beim Geben von Spenden sollte man bescheiden und demütig sein. Es ist wichtig, sich nicht auf die eigene Großzügigkeit zu berufen oder Stolz zu empfinden.
- Vermeidung von Vorhaltungen: Man sollte die Spenden nicht mit Vorhaltungen oder verletzenden Worten verbinden. Allah schätzt Spenden, die ohne Demütigung des Empfängers gegeben werden.
- Geheimes Geben: Es wird empfohlen, wohltätige Spenden im Verborgenen zu geben, ohne dass andere davon erfahren. Dies dient dazu, die Scham der Bedürftigen zu wahren und verhindert, dass Spender arrogant oder stolz werden.
- Rechtmäßige Mittel: Die Spenden sollten aus rechtmäßigem Besitz stammen, und das, was man gibt, sollte durch ehrliche Mittel erworben worden sein.
- Aufrichtigkeit und Dankbarkeit: Spender sollten sich dem Empfänger ihrer Gaben zu Dank verpflichtet fühlen. Die Gabe sollte als Gelegenheit zur Dankbarkeit gegenüber Allah betrachtet werden.
- Gabe zu jeder Zeit: Wohltätige Spenden können zu jeder Zeit und bei jeder Gelegenheit gegeben werden, sowohl öffentlich als auch im Verborgenen. Es gibt keine zeitlichen Einschränkungen für das Geben von Spenden.
- Vermeidung von Erwartungen: Spender sollten keine Erwartungen hegen und nicht darauf bestehen, Dank oder Loyalität von den Empfängern zu erhalten.
- Gott als Zeuge: Die Spenden sollten vor Allah als dem wahren Zeugen der Handlungen gegeben werden. Allah akzeptiert aufrichtige Spenden und segnet diejenigen, die aus Liebe zu Ihm geben.
Fazit – Sadaqa
Sadaqa – die wahrhaftige Handlung- ist im Islam mehr als nur eine Handlung der Wohltätigkeit. Es ist eine spirituelle Praxis, die dazu dient, sich Allah zu nähern, das Herz zu reinigen und anderen zu helfen. Der Islam lehrt, dass wahre Großzügigkeit in der Absicht und der Aufrichtigkeit des Gebens liegt.
Die Sadaqa kann vielfältige Formen annehmen, darunter finanzielle Unterstützung, freundliche Gesten und sogar das Lehren von Wissen. Die Belohnungen für die Praxis der Sadaqa sind sowohl im Diesseits als auch im Jenseits enorm, einschließlich Schutz vor Unheil, Sühne von Sünden und spiritueller Reinigung.
Die Sadaqa ist ein Akt der Nächstenliebe und der Mitmenschlichkeit, der dazu dient, Bedürftigen zu helfen und die Gesellschaft zu stärken. Sie fördert Bescheidenheit, Aufrichtigkeit und Dankbarkeit.
Auch um die Praxis der Sadaqa zu erleichtern und mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, Sadaqa zu geben, wurde die muslimische Crowdfunding-Plattform commonsplace geschaffen. Auf commonsplace kann jeder seine finanzielle Sadaqa geben, um seinen Geschwistern zu helfen und die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Unsere Plattform ermöglicht es den Muslimen in Deutschland, auf einfache Weise Sadaqa zu spenden, Menschen zu helfen, die Welt zu verbessern und gleichzeitig die Prinzipien der aufrichtigen Wohltätigkeit und Nächstenliebe zu wahren.
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Dies ist nur eine kleine Übersicht rund um die Sadaqa. Um mehr über die Bedeutung, Arten und Vorteile von Sadaqa im Islam zu erfahren, kannst du Quellen wie islam-wissen.com, madrasah.de und seekersguidance.com (englisch) konsultieren.“